Schloss Glérolles (en français)

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Beschreibung

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Im Westen von Saint-Saphorin erheben sich auf einem Felsen am Ufer des Genfersees die Gebäude des Schlosses Glérolles. Nur einige Elemente der Festung des Mittelalters bestehen noch heute. Denn seit dem 16. Jahrhundert hat das Schloss manche Umwandlungen erfahren, und aus dem ursprünglichen Verteidigungskonstruktion wurde nach und nach ein rein repräsentativer Charakter. Der tiefe Graben an der Seite des Berges, der für die Eisenbahn, die Lausanne mit Vevey verbindet, erschaffen wurde, hat leider einen ernsten Schaden der Topographie des Geländes zugefügt, das sich vor dem Schloss ausdehnt. Im Westen ist der ursprüngliche Charakter dieses Gebäudes besser bewahrt worden; hier steht noch die Basis des Wachtturmes, der in seiner Zeit mit grossen Grössensteinen gebaut wurde, und deren alte Lithographie uns die Originalgrösse zeigt. Er war zweimal höher als heute und mit einem spitzen pyramidenförmigen Dach gedeckt.

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Von der Bergseite steht ein halbrunder Turm am Wachtturm. Seine Basis besteht aus grossen Blöcken mit unregelmässiger Höhe, aus Grössenstein. Es handelt sich wahrscheinlich um Reste der Umfriedungsmauer. In ihrer derzeitigen Form datieren die zentralen und westlichen Teile des Schlosses von der Nach-Mittelalterlichen Periode; vermutlich verbergen sie jedoch noch in ihrer Basis die alten Mauern. Der Zusammensetzung der Gebäude nach, hat das Schloss Glérolles also verschiedene Konstruktionsphasen gekannt. Umgestaltungen mit einer gewissen Bedeutung wurde am östlichen Flügel gegen 1500 unternommen; später und bis zur Verstümmelung des Wachtturmes wurden zahlreiche andere Arbeiten ausgeführt. Einige Teile der Gebäude ausgenommen – wie die Dächer und die Fenster, ebenso wie die Terrassengärten, die im Süden und Westen des Schlosses ausdehnen - sind die meisten von neuerem Datum.

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Dessins de Jean-Benjamin de La Borde 1784

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Geschichte

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Eine Erinnerung an ein verschwundenes Dorf

Nach einer Tsunami verschwand das alte Dorf von Glérolles, um unter dem Namen Saint-Saphorin wieder aufzuleben. Nur das Schloss trägt noch den Namen des römischen Dorfes, das Opfer der Katastrophe.
Im Gegensatz zu vielen befestigten Orten, schützte unser mittelalterliches Mauerwerk kein Dorf im Schatten seiner Türme. Nicht der geringste Ort, nicht das geringste Viertel der umliegenden Gemeinden, bezieht sich auf das Schloss. Es war jedoch nicht immer so. Römische Quellen beweisen uns, dass zwischen Lousonna, dem heutigen Lausanne und Viviscus, das Vevey geworden ist, die Ortschaft von Glerula stand. Dieser Begriff kommt vom Lateinischem glarea, was "Kies, grossen Sand" bedeutete. Es gab also bis zum 6. Jahrhundert ein kleines Dorf, das als Etappe den Reisenden diente, die den Sankt-Bernard überqueren wollten. Das friedliche Leben des Dorfes ging plötzlich in 563 von unserem Zeitalter zu Ende, als eine Flutwelle auf die Ufer des Genfersees zuraste und das alte Glérolles vernichtete.
Auch wenn die Rede über ein Tsunami auf einem See lächerlich klingt, muss man wissen, dass dies nichts Fantasievolles an sich hat. Zwei Chronisten zu dieser Zeit erwähnen diese Katastrophe. Bischof Grégoire von Tours, Autor der Geschichte der Franken sowie der Heilige Marius, Bischof von Avenches und Autor der Chroniken des Jahres 563, berichten über den Einsturz von Tauredunum, dem Berg Taureau. Dieser Berg von Chablais, der später zu Grammont wurde, fiel gemäss dem Text von Marius "so plötzlich, dass sie ein benachbartes Schloss verschüttete wie auch die Dörfer mit all ihren Einwohnern; das schüttelte den See so sehr (...), dass, am Ausgang seiner beiden Flüssen, sehr alte Dörfer mit Männern und Herden zerstört wurden (...). Es traf mit Furie die Brücke von Genf, die Mühlen und die Männer, und als die Flutwelle in der Stadt Genf eintraf, liess sie dort mehrere Personen umkommen." Unter den vernichteten Gemeinden waren Rivaz, Bret, Glérolles, und Pennelucos, das zu Villeneuve nach seinem Wiederaufbau getauft wurde. Auch Glerula stand wieder aus seiner Asche auf, dank des Zutuns des Bischofs Marius. Der Prälat beschloss, die Ortschaft zu verschieben, um es im Schutz vor der Wut der Gewässer zu stellen. Er widmete die Kirche des Dorfes Sankt Symphorien, dessen Name einige Änderungen erfuhr, bis er zu Saint-Saphorin wurde, wie wir ihn heute kennen.
Die Geschichte des Schlosses Glérolles beginnt in 1077. Wir waren im vollen Investiturenstreit, bei welchem Päpste und Kaiser des Heiligen Römischen Deutschen Reiches entgegenstehen. Das Investiturrecht erlaubte die Ernennung von Bischöfen. Durch Tradition gehörte dieses Recht dem Kaiser, der in seinen Territorien die Kirche kontrollierte. Jedoch in 1073 beschloss der Pontiff Gregor VII, dieses Privileg trotz der Opposition von Heinrich IV zu verlangen. Der Fürst weigerte sich und wurde exkommuniziert. Er befürchtete, dass einige seiner Abhängigen sich mit Rom verbanden, um ihn abzusetzen, und beschloss, dem Heiligen Peter um Verzeihung zu bitten. Dieser hielt sich in Canossa in Italien auf. Daher kommt der Ausdruck „nach Canossa gehen“.
Seine Reise zwang Heinrich IV, die Alpen über den Grossen Saint-Bernard zu durchqueren. Um dies zu machen war die Unterstützung des Bischofs von Lausanne erforderlich. Sobald er um Verzeihung gebeten hatte, gab er die ganze Region von Lavaux dem Prälat, der ihn geholfen hatte. Um die Sicherheit auf der Strasse zu gewährleisten, die Norden und Süden der Alpen verbanden, bauten die Prinzen der Kirche in 1150 einen Wachtturm auf dem alten Ort von Glérolles auf. Zwei Jahrhunderte später, erfuhr das Schloss wichtige Umwandlungen.

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Gegen 1270 belehnte der Bischof es an Hugo de Palézieux, aber nahm seine Rechte gegen das Jahr 1300 wieder zurück. Ab diesem Datum begannen die Bischöfe von Lausanne mit der Konstruktion des zentralen Körpers des Schlosses. Unter den Bischöfen de Aymon und Sébastien de Monfalcon erfuhr das Schloss Glérolles wichtige Umbauten. Glérolles wurde als Festung gebaut, um die Territorien der Bischöfe zu schützen, ein Ort, der besonders günstig für die Verteidigung war, dort, wo der Weg zwischen dem Abhang des Berges und dem See eng ist, und nicht ohne Grund wird es das "Chillon de Lavaux" genannt.
Aus einem militärischen Gesichtspunkt waren die Territorien der Bischöfe in 15 Bezirken mit der Bezeichnung Banner aufgeteilt. In Lavaux zählte man davon fünf, darunter auch Saint-Saphorin. Die Soldaten des Bischofs wurden - nach dem Brauch des Mittelalters – Tag und Nacht zu Kosten ihrer Ortschaft im Konfliktfall mobilisiert. Sie trugen keine Uniform, sondern trugen ein blaues und rotes Zeichen zur Schau, um sich wieder zu erkennen. Ein befestigter Ort wie Glérolles war nicht sinnlos; mehrere Schurkengruppen wurden in der Tat in der Umgebung des Schlosses gefangen genommen. Man weiss ebenfalls, dass einige Hinrichtungen von einigen dieser Banditen in Glérolles stattfanden. Im ersten Stockwerk des Wachtturmes befand sich der "Käfig der Hexen", der wie eine grosse Truhe aussah, im Inneren mit sehr dicken Brettern und Eisenstäben verstärkt; ein kleines vergitterte Loch gab den Gefangenen ein Minimum an Luft und Licht.
Bei der Eroberung des Waadtlandes durch die Berner in 1538 fiel das Schloss natürlich in ihre Hände, und sie installierten einen Vogt, der Bern bis 1796 unterstützte. Infolge der Waadtländer Revolte wurde das Schloss das Eigentum - nicht wieder vom Bischof – sondern vom Volk. In 1803, als der Kanton Waadt gegründet wurde, kaufte die Familie Ruchonnet es als Privateigentum. Von 1803 bis 1977 blieb das Schloss das Eigentum der zahlreichen Erben der Familie, und es war erst zu diesem Datum, als Maurice Cossy, Sohn einer Ruchonnet Erbin, die Güter ganz zurückkaufen konnte. Im Jahre 1997 übernahm sein Sohn, Francis, das Eigentum. Januar 2003 gab Francis Cossy das Gebiet an Sandrine und Philippe Trueb, die dessen Kontinuität gewährleisten.

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Die einzige Ecke von Lavaux, wo der Humagne blüht

Original und verschiedenartig, die Weine des Schlosses, spiegeln die Geschichte eines atypischen Bereiches im Zentrum eines der schönsten Weinanbaugebiete der Welt wider. Eine Legende behauptet, dass der Wachtturm des Schlosses von Glérolles im 19. Jahrhundert gesenkt werden musste, sein Schatten fiel auf die umliegenden Reben. In Wirklichkeit wurde der zentrale Turm um zwölf Meter abgesenkt, aber diese Änderung fand während der Konstruktion des Bahngleises statt, denn die Vibrationen der Züge bedrohten die ganze Struktur. Diese Anekdote zeigt, dass die befestigte Stelle immer mit dem Weinberg zusammenhing. Wie oft in unserem Land fehlen die präzisen Daten über den Weinbau. Man weiss einfach, dass das Gebiet, das in 1802 an Privatpersonen verkauft wurde, mehrere Hektar kräftiger Rebstöcke umfasste. Hier herrscht eine Rebsorte ohne Konkurrenz, der Chasselas.
Heute überwiegt die Rebsorte König der französischen Schweiz immer noch, aber andere Varianten zeigen mehr als nur eine Nasenspitze. Ausser dem Pinot noir und dem Gewürztraminer, die relativ bekannt sind in der Umgebung, findet man seit kurzem auf den herrschaftlichen Territorien Merlot, Cabernet Franc und Syrah.
Die fremdesten Reben des Gebiets sind allerdings die von Humagne Rouge. Das Schloss Glérolles kann sich preisen, den einzigen nicht Walliser Wein aufzuarbeiten, der diese Bezeichnung zur Schau trägt. Eigentlich ist diese Rebsorte ausschliesslich für den Nachbarkanton reserviert und im Prinzip nicht im Kanton Waadt erlaubt. Jedoch wurde ein aussergewöhnliches Produktionsrecht dem Betrieb aus historischen Gründen verliehen. Es war vor etwa dreissig Jahren, als Maurice Cossy, der Vater des aktuellen Schlossherren, beschloss, auf den Rändern des Genfersees einige Setzlinge von Humagne Rouge zu pflanzen. Die Initiative missglückte, da die Behörden ihn vorluden, seine neuen Reben herauszureissen. Der Meister von Glérolles lehnte den Befehl ab. Er tat seine Meinung in Bern kund. Dies ergab die Bestimmung, dass der Humagne, der ausserhalb des alten Landes verarbeitet wurde, nur in diesem Keller von Lavaux abgefüllt wird.
Die echte Veränderung des Gebiets fand im Jahre 2003 statt, als Sandrine und Philippe Trueb die Kellnerei zurückkauften und die 5 Hektar Reben, die dazu gehörten. Sie nahmen die Dienste eines Önologen an, erneuerten die Kellnerei, bauten einen Empfangsort sowie neuen Weinlager und änderten die Etiketten. Wie es für viele schweizerischen Betriebe gilt, gab die Eigentümeränderung dem Unternehmen die Möglichkeit, seine Philosophie zu ändern: eine Konzentration auf die Qualität der Produktion. Die Änderungen erwiesen sich sofort als erkennbar, da ihr Pinot Noir 2003 eine Vinea d'Or am Mondial de Sierre gewann, und dass ihre Réserve, Blanche und Noir, ebenfalls in Brüssel gekrönt wurden.
Angesiedelt in der Gemeinde von Saint-Saphorin und am Ufer des Sees erfuhren die Reben des Gebiets die volle Wucht eines Hagelsturms vom 19. Juli 2005. Infolgedessen, waren einige Spezialitäten des Schlosses in diesem Jahrhundert nicht erhältlich. Was die anderen betrifft, sie wurden schneller ausverkauft. Ein Hinweis also an die Amateure.

Mit der Kollaboration von

Alexandre Truffer
@RomanDuVin.ch 2005

www.romanduvin.ch

Bibliographie

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©Les châteaux suisses. Die Schweizer Schlösser. The Swiss Castles