Die Schlösser von Bellinzona (en français)

Castelgrande

Montebello

Sasso Corbaro

Villa des Cèdres

1630 Bellentz

Les trois châteaux de Bellinzona vers 1500, par Leonhard Steiner (1906). (Cliquez sur les châteaux )

Photo des années 1920

Photo des années 1920

Im 15. Jahrhundert schrieb ein mailändischer Offizier von den Festungswerken Bellinzonas, sie seien „Tor und Schlüssel nach Italien“. Besser könnte man die Lage Bellinzonas nicht charakterisieren. Für die ungezählten Menschen, die im Lauf der Jahrtausende die Alpen überquerten, bildete Bellinzona die Grenze zwischen dem rauen Gebirge und den fruchtbaren Landschaften Italiens. Wer ist nicht alles hier vorbei gezogen: römische Legionäre, plündernde Germanenscharen, Kaiser und Könige mit ihrem kriegerischen Gefolge, Reisläufer, eidgenössische Kriegerscharen, Gesandte, Kaufleute, Rompilger, Abenteurer und schliesslich Touristen aus aller Welt.

Die modernen Verkehrsverbindungen die vom Gotthard und vom San Bernadino her nach Bellinzona führen, lassen uns leicht übersehen, dass in früherer Zeit noch andere Wege über die Alpen in Bellinzona zusammentrafen. Neben den heute durch Autostrassen erschlossenen Übergängen des Lukmaniers und des Nufenen sind vor allem der Greina und der S. Jorio zu erwähnten. Alle diese Routen vereinigen sich bei Bellinzona zu einer einzigen Verkehrsader, die sich weiter südlich wieder teilt, wenn sich der Reisende für die Überquerung des Ceneri in Richtung Lugano oder für eine der Routen längs des Lago Maggiore zu entscheiden hat.
Die strategisch bedeutsame Lage von Bellinzona erklärt sich aber nicht bloss aus dem Zusammentreffen mehrerer Passrouten, sondern auch aus der Bodengestalt der nächsten Umgebung. Ein markanter Felsriegel stösst von Osten her quer ins Tal vor und bildet so einen natürlichen Engpass, durch den sich der Ticino zwängt. Mitten aus der Talsohle türmt sich dieser Riegel zur Felsbastion auf, die den majestätischen Gebäudekomplex des Castel Grande trägt. Am östlichen Fuss des steilen Burghügels lässt der Felsriegel eine zweite, engere Lücke offen, durch welche sich die alte Talstrasse zieht und in der im 13. Jahrhundert das Städtchen Bellinzona angelegt worden ist.
Das nördliche Vorfeld von Bellinzona, die Ebene von Arbedo, ist heute mit modernen Wohn- und Industriequartieren sowie mit den Eisenbahnanlagen der Gotthardbahn überbaut. Wenn man von einem der drei Schlösser Bellinzonas die Ebene überblickt, kann man sich immer noch gut vorstellen, wie sich hier im vergangenen Jahrhunderten feindliche Heere, die einander Bellinzona streitig machten, blutige Gefechte lieferten. Südlich von Bellinzona beginnt die weite Magadinoebene, die sich bis an Ufer des Lago Maggiore hinzieht. Heute eine fruchtbare Plantagenlandschaft, bildete dieses Gebiet in früherer Zeit ein ausgedehntes, langsam verlandendes Sumpfgebiet, das häufig von Überschwemmungen heimgesucht wurde. Bezeichnenderweise liegen die alten Siedlungen zwischen Bellinzona und Lago Maggiore nicht in der Ebene, sondern auf erhöhten Terrassen an den beiden Talrändern.
Schon in urgeschichtlicher zeit war die Gegend um Bellinzona besiedelt gewesen. Ausgedehnte Gräberfelder reichen bis in die Bronzezeit zurück, und kürzlich ist bei Carasso, auf der rechten Talseite gegenüber Bellinzona, sogar eine jungsteinzeitliche Siedlung entdeckt worden. Die wichtigsten prähistorischen Funde sind im Museum des Schlosses Montebello ausgestellt. Wann das Engnis von Bellinzona zum ersten Mal befestigt wurde, bleibt einstweilen unbekannt. Dass aber der Felshügel des Castel Grande eine eisenzeitliche Wehrsiedlung trug, wie wir sie aus der Leventina oder aus dem Locarnese kennen, kann als sehr wahrscheinlich betrachtet werden, vor allem aber wurde seit langem bei Bellinzona eine römische Befestigungsanlage vermutet. Ausgrabungen auf dem Castel Grande haben 1967 diese Annahme vollauf bestätigt. Ein erstes Kastell war zur Zeit des Kaisers Augustus, etwa um 15 v. Chr., angelegt worden, und zwar im Zusammenhang mit der Unterwerfung der rätischen Alpenvölker unter die römische Herrschaft. Das Kastell von Bellinzona sollte offenbar als Basis für die römischen Vorstösse in die Leventina und die Mesolcina dienen. Nach der Eingliederung des rätischen Alpenraums in das römische Weltreich verlor das Castel von Bellinzona an Bedeutung und wurde im Verlauf des 1. Jahrhunderts n. Chr. aufgegeben.

Gravure du 18è

Bellinzona d'après une gravure du 18è siècle

Die Jahrhunderte des „Kaiserfriedens“, während welchen die grenze des Römischen reiches gut gesichert dem Rhein und der Donau entlang verlief, liessen in den südlichen Alpentälern kein Bedürfnis aufkommen, Befestigungen anzulegen. Als aber im 3. Jahrhundert Bürgerkriege, Einfälle fremder Völker und wirtschaftliche Krisen das Römische Reich zunehmend erschütterten, wuchs das Sicherheitsbedürfnis, und die Kaiser waren gezwungen, zwischen Reichsgrenze und südlichem Alpenrand ein in die Tiefe gestaffeltes Befestigungssystem aufzubauen, das Italien vor feindlichen Invasionen zu schützen hatte. Im Verlauf des 4. Jahrhunderts wurde der Hügel des Castel Grande von Bellinzona neu befestigt. Die Ausgrabungen von 1967 erbrachten den Nachweis eines geräumigen Kastells, dessen äussere Umfassungsmauer der Kante des Felsplateaus entlang verlief und einen Innenraum umschloss, in welchem beträchtliche Truppenmengen untergebracht werden konnten. Dieses Kastell bildete ein wichtiges Glied in der langgezogenen Verteidigungskette der Talsperren an den Ausgängen der südlichen Alpentäler, die sich von Friaul bis ins Piemont erstreckte. Im Jahr 457 wurde eine Alemannenschar, die vom Bodenseeraum her ungehindert die Alpen überquert hatte, vor Bellinzona von den auf dem Kastell stationierten Truppen abgefangen und in verlustreichem Kampf zum Rückzug gezwungen.

Gravure du 18è

Bellinzona auf der Liste des Weltkulturguts der UNESCO

Die drei Schlösser und das verstärkte Dorf von Bellinzona stehen von nun an auf der Liste der Monumente und der Standorte des weltweiten Kulturgutes, das von der UNESCO geschützt wird. Sie kommen zu den drei anderen Weltkulturerbe hinzu, die schon in der Schweiz ausgewählt wurden: das Kloster von St. Gallen, jenes von Mustair und die Altstadt von Bern.
Zwei Jahre Untersuchungen, Austausch und Verhandlungen mit Gutachten und die Diplomatie haben das ICOMOS (internationaler Rat der Monumente und der Standorte) von der Bedeutung und die Integrität der Festung überzeugt. Das ICOMOS hat seinerseits die Kandidatur der monumentalen Gesamtheit mit der Zustimmung des Ausschusses untermauert, die es während seiner 24. jährlichen Tagung ratifizierte, die in Cairns (Australien) im letzten November stattgefunden hat.
Das kulturelle Erbe, das vom schweizerischen Bund vorgeschlagen und das durch eine eindrucksvolle Dokumentation über seine Geschichte, seine Integrität und seinen Schutz unterstützt wurde, hat den ganzen Auswahlkriterien entsprochen.
Die kantonalen Behörden haben bestätigt, dass die monumentale Gesamtheit nicht nur eine Zeugenaussage der Bedeutung der Militärarchitektur im Mittelalter, sondern ebenfalls ein einmaliges Beispiel in Europa der Entwicklung eines Standortes in konstanter Anpassung an die Bedürfnisse des Menschen nach Zeitaltern war und, dass in diesem Zusammenhang es verdiente, auf der Liste des weltweiten Kulturgutes enthalten zu sein.
In der Tat enthüllen die prähistorischen Entdeckungen, die etwa 60 Jahrhunderte zurückdatieren, die Anwesenheit menschlicher Einrichtungen seit dem Neolithikum (4, Jahrhundert v. Chr.) auf dem felsigen Kap von Castel Grande. Diese natürliche Schranke, die sich auf einem engen Übergangsort befindet, in der Mitte eines tiefen Tales, das den Norden vom derzeitigen Europa mit dem Süden verband, hat schon immer den Menschen angespornt, die Stelle zu bebauen, umzuwandeln und zu verbessern, und im Laufe der Jahrhunderte in eine echte Verteidigungsfestung zu verwandeln, die durch eine Mauer bis ins Tal am Fluss Ticino führte.
Es wurde ebenfalls daran erinnert, dass die Konsolidierung der Gesamtheit, die zwischen dem 13. und 15. Jahrhunderten errichtet wurde, seine "Echtheit" oder, wenigstens die Vorstellung, von dem, was davon bleibt, bis ins Ende des Mittelalters zurückdatiert. Was die Demolierungen und die aufeinander folgenden Hinzufügungen betrifft, wurden sie meistens durch den Willen diktiert, die Gebäude nach den derzeitigen Bedürfnissen wieder zu verwenden. Aber ist es trotzdem dank der Pracht des Ortes und seiner natürlichen strategischen Lage, dass die Ruine stetig restauriert wurde, und dass die Gesamtheit bis zu unseren Tagen überlebt hat.
Die letzte Restaurierung von Architekten Aurelio Galfetti ist eine gewollte zeitgenössische Herausforderung, die sowohl eine klare Lektüre der Geschichte Europas durch die Geschichte der Festung als auch eine funktionelle Benutzung der Gebäude und des Parks durch die Einwohner des Dorfes von Bellinzona, dem Hauptort des Kantons Tessin erlaubt.

Bibliographie

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Grynau

©Les châteaux suisses. Die Schweizer Schlösser. The Swiss Castles