Schloss Tournay (en français)

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Das heutige Schloss Tournay, auf sanftem Hügel oberhalb des Dorfes Pregny gelegen, erinnert auf den ersten Blick wenig an eine mittelalterliche Burganlage, weil Umbauten und sonstige Veränderungen im 17. Jahrhundert und 18. Jahrhundert den ursprünglichen Wehrcharakter weitgehend verwischt haben. Trotzdem steckt im jetzigen Bau noch viel mittelalterliches Mauerwerk, und der Grundriss der einstigen Burg lässt sich in groben Zügen noch gut erkennen.

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Ein tiefer, gefütterter Trockengraben gehört noch zum ursprünglichen Bestand, und im aufgehenden Mauerwerk verbirgt sich ein mächtiger viereckiger Wachtturm. Die ehemalige Ringmauer war mit Rundtürmen bewehrt, deren Stümpfe heute in die Gartenanlage integriert sind, die das Schloss umgibt. Eine gründliche Bauuntersuchung, verbunden mit einer archäologischen Ausgrabung, könnte gewiss noch nähere Aufschlüsse über die mittelalterliche Burg vermitteln.

Deren Anfänge sind aus den schriftlichen Quellen nicht klar ersichtlich. Im 10. Jahrhundert gehörte die Landschaft Gex, in welcher Tournay liegt, zum «commitatus equestris» einer bedeutenden, wenn auch im Umfang nicht eindeutig bestimmbaren Grafschaft, die aus dem Hinterland des römischen Minizipiums Nyon herausgewachsen war. Dieser Comitatus befand sich um die Jahrtausendwende als selbständige Herrschaft in den Händen der Grafen von Genevois. Durch die Bildung von feudalen Grundherrschaften im Verlaufe des 12. und 13. Jahrhunderts entglitt den Grafen von Genevois nach und nach die Kontrolle über da gebiet, da sich die einzelnen Grundherren eine mehr oder weniger unabhängige Stellung zu sichern vermochten. In diesen Prozess gehören auch die Anfänge der kleinen Herrschaft von Tournay. Entstanden wohl im 13. Jahrhundert, umfasste sie die Dörfer Pregny und Chambésy und stand unter der lockeren Lehnsgewalt der Herrschaft Gex.

Ob von Anfang an eine Burg als Herrschaftszentrum gedient hat oder ob, was wahrscheinlicher ist, die Herrschaftsrechte ursprünglich von einem Herrenhof aus wahrgenommen worden sind, ist ohne Grabungen nicht zu beantworten, ebenso wenig sind die ursprünglichen Inhaber der Herrschaft bekannt. Ob sie einem Zweig der Ritter von Pregny gehörte, die im 14. Jahrhundert auf einem festen Haus zu Pregny sassen, an dessen Stelle sich heute das moderne Schloss Penthes erhebt, muss völlig offen bleiben.

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Im Spätmittelalter wechselte das Lehen wiederholt den Inhaber. Seit 1353 stand es mit der Herrschaft Gex unter savoyischer Oberhoheit.

Zu Beginn des 16. Jahrhunderts befand sich Tournay in den Händen der Familie de Brosses. Bern riss 1536 anlässlich der Eroberung des Waadtlandes auch die Hoheitsrechte über die Herrschaft Gex an sich, erstattete sie aber 1567 dem Herzog von Savoyen zurück.

Damit gelangte die Burg zu der zweifelhaften Ehre, den Herzogen als Stützpunkt für ihre militärischen Aktionen gegen Genf zu dienen. Savoyen versucht damals natürlich, sich dieser Stadt zu bemächtigen, was einen langen und verheerenden Kleinkrieg zur Folge hatte. Jean de Brosses, um 1590 Besitzer von Tournay, sympathisierte mit den Calvinisten Genfs, obwohl Tournay savoyisches Lehen war. Um sein Schloss vor dem Zugriff der Kriegsparteien zu schützen, erklärte er sich bereit, die fortifikatorischen Anlagen zu beseitigen. Die Gräben wollte er ausebnen und die Ringmauern niederlegen lassen, so dass der Bau als savoyischer Stützpunkt nicht mehr verwendbar gewesen wäre. Dieses Angebot hatte freilich keine Wirkung, denn Genfer Truppen brannten das Schloss anlässlich eines Streifzuges in savoyisches gebiet nieder.

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Nach der Beilegung des Konfliktes im Frieden von St-Julien (1603) bauten die de Brosses ihr zerstörtes Schloss wieder auf, verzichteten aber auf die Wiederherstellung der Festungswerke. Tournay bekam so den Charakter eines vornehmen, unbefestigten Landsitzes. Im 18. Jahrhundert wurde die kleine Herrschaft von Savoyen zur Grafschaft erhoben. 1758 mietete sich Voltaire auf Lebenszeit in dem Schloss ein; da er daselbst aber auch theateraufführungen abhielt, zog er sich die Feindschaft der Genfer Calvinisten zu. Er verlegte deshalb seinen Wohnsitz in das nahe Fernay, wo er mehr Bewegungsfreiheit genoss. In den Wirren der Französischen Revolution fand die Herrschaft Tournay ihr Ende. Das Schloss ist heute Privatbesitz.

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